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Jack Dangermond ist der Gründer und Präsident von Esri. Nach seinem Studium der Landschaftsarchitektur und Stadtplanung gründeten er und seine Frau Laura 1969 Esri mit der Idee, dass computergestützte Kartierung und Analyse einen wichtigen Beitrag zur geografischen Planung und Umweltwissenschaft leisten können. Heute zählt Esri zu den Marktführern der Technologiebranche mit einer Kundenbasis von etwa 350.000 Organisationen weltweit. Wirtschaftskorrespondent Roland Lindner von der Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Jack und seinen Werdegang porträtiert:

Der Landkarten-Nerd

Jack Dangermond hat dank seiner Leidenschaft für Geographie Karriere als Unternehmer gemacht. Mit seinem Softwareanbieter Esri will er Menschen helfen - gegen Pandemien oder Flutkatastrophen.

   

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Als die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr zu wüten begann, wurde für viele Menschen eine Internetseite der Johns Hopkins University zu einer täglichen Anlaufstelle. Dort ließ sich das globale Infektionsgeschehen nachverfolgen - auf einer Landkarte mit roten Punkten in unterschiedlicher Größe je nach Fallzahlen.
Die Technologie dahinter stammte von Esri, einem mehr als fünfzig Jahre alten, aber in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannten kalifornischen Softwareunternehmen. Ein früherer Esri-Praktikant, der an der Universität an seinem Doktortitel arbeitete, konzipierte die Karte. Er suchte sich die Infektionsdaten aus verschiedenen Quellen im Internet zusammen und nutzte dann die Esri-Software für die grafische Darstellung.

"Es war eine brillante Idee", sagt Jack Dangermond, der Mitgründer und Vorstandschef von Esri, im Gespräch mit der F.A.Z. Der Name Esri steht für Environmental Systems Research Institute. Die Seite sei Billionen Male aufgerufen worden, "das muss ein Weltrekord für Landkarten sein". Dangermond gibt zu, dies sei für sein Unternehmen, dessen Name auf der Karte erwähnt wird, ein öffentlichkeitswirksamer Coup gewesen, aber einer, von dem die Allgemeinheit profitiert habe. "Die Karten haben der Welt die Augen geöffnet." Sie hätten gezeigt, wie vernetzt die Welt sei und was ein Virus vom chinesischen Wuhan aus global anrichten könne. Sie hätten auch ein eindrucksvolles Gegenargument geliefert, wenn Politiker die Pandemie kleinredeten.

Esri hat das Projekt von Johns Hopkins mit seiner Infrastruktur unterstützt, und die Universität hat das System so konzipiert, dass auch andere Organisationen darauf zugreifen und ihre eigenen Landkarten entwickeln konnten. Auch in der Corona-Karte des Robert Koch-Instituts steckt Esri-Technologie.


Dangermond beschreibt es als das Geschäft seines Unternehmens, Menschen zu helfen, die Welt besser zu verstehen. Sein Vehikel dafür ist Geographie, ein Feld, für das er nach eigener Beschreibung eine "fanatische" Leidenschaft hegt.

Esris Programme, sogenannte Geoinformationssysteme, haben viele Einsatzgebiete. Sie werden von Unternehmen, Behörden und gemeinnützigen Organisationen genutzt. Sie helfen bei der Standortwahl, ob für neue Filialen der Kaffeekette Starbucks oder für Windturbinen und Solaranlagen. Der Logistikkonzern UPS hat mit ihnen seine Routen optimiert und so nach Dangermonds Worten 400 Millionen Dollar im Jahr eingespart.

Mit der Software von Esri werden Waldbestände in Bayern ebenso wie Hungerregionen in Afrika oder das Schmelzen von Gletschern im Himalaja dargestellt und analysiert. In Bad Neuenahr-Ahrweiler wurde sie nach der Flutkatastrophe im Juli eingesetzt, um Schäden an Straßen und anderen Teilen der Infrastruktur zu erfassen. Viele der nicht gewinnorientierten Nutzer bekommen Esri-Produkte umsonst. Wie Dangermond sagt, hat er allein im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Software und Dienstleistungen im Wert von 60 Millionen Dollar gratis zur Verfügung gestellt.


Esri ist ein ungewöhnliches Unternehmen, es erinnert in mancherlei Hinsicht an einen mittelständischen deutschen Familienbetrieb. Es ist nicht an der Börse notiert, und der 76 Jahre alte Dangermond beteuert, dies werde auch so bleiben. Er und seine Frau Laura haben es zusammen gegründet und prägen es bis heute, wobei sie die Finanzen verantwortet. Esri hat nie größere Kredite aufgenommen, auch gab es nie Entlassungsrunden. Denn das sähe Dangermond als Widerspruch zur "fundamentalen Kultur". Mehr als 30 Prozent des Umsatzes fließen in Forschung und Entwicklung, das ist auch in der Technologiebranche in äußerst hoher Anteil. Esri macht einen Jahresumsatz von 2 Milliarden Dollar und wächst nach Dangermonds Angaben stetig. Das jährliche Wachstum liege zwischen fünf und zehn Prozent, für 2021 rechnet er sogar mit zwölf Prozent. "Wir hatten noch nie ein schlechtes Quartal." Was aber offenbar nicht heißt, dass es leicht war, das Unternehmen zu etablieren.

Dangermond erzählt, seine Frau und er hätten nach der Gründung viele Jahre "wie Kirchenmäuse gelebt". Aber im Laufe der Zeit machten sie Esri zum dominierenden Anbieter von Geoinformationssystemen mit einem Marktanteil von mehr als 40 Prozent. Heute beziffert Forbes Dangermonds Vermögen auf 8,5 Milliarden Dollar. Er selbst bestreitet diese Zahl und nennt sie "künstlich", weil sie sich am Wert von börsennotierten Unternehmen orientiere, wobei er zugibt, er verfüge über "einigen persönlichen Wohlstand". Seine Frau und er legten aber wenig Wert auf Luxus und lebten in einem alten Bauernhaus.


Den Hang zur Sparsamkeit führt Dangermond auf seine Eltern zurück, die einst mit wenig Geld von Holland nach Amerika auswanderten. Sie ließen sich in Redlands rund 100 Kilometer östlich von Los Angeles nieder, wo Esri bis heute seine Zentrale hat. Dort machten sie eine Gärtnerei auf, in der auch Dangermond und seine Geschwister mitarbeiteten. Er sagt, das habe ihm beigebracht, was es heiße, ein Unternehmen zu führen, bevor er 15 Jahre alt gewesen sei. Es habe ihn auch für die Umwelt sensibilisiert und sei eine Inspiration für seinen Karriereweg gewesen.

Er studierte Landschaftsarchitektur und Stadtplanung, unter anderem an der Harvard-Universität. Nachdem er dort seinen Master-Abschluss gemacht hatte, sah er keinen Job, der sich mit seinen Interessen deckte und Geographie und Technologie miteinander kombinierte. Also gründete er mit seiner Frau sein eigenes Unternehmen. Erst war es eher eine Beratungsgesellschaft, mit der er auch simple Computerprogramme entwickelte und einsetzte. Nach einigen Jahren verlagerte er das Geschäft auf den Verkauf von Software, die zunächst noch recht schlicht war, aber immer komplexer wurde, je weiter die Computerindustrie reifte. Und Esri hat sich mit der Branche weiterentwickelt. Im Zeitalter des Cloud Computing vertreibt das Unternehmen Software heute über das Internet, und zunehmend integriert es Künstliche Intelligenz in seine Produkte.


Einen nicht börsennotierten Betrieb zu führen hat Dangermond nach eigener Darstellung geholfen, in seiner Arbeit einen gewissen Idealismus zu bewahren. Da seine Frau und er keine Kinder haben, spürte er auch nie Druck, an der Struktur etwas zu ändern, und fühlt sich zudem freier, den größten Teil seines Vermögens zu spenden. Das Paar hat vor einiger Zeit den "Giving Pledge" unterzeichnet, die Spenderinitiative von Microsoft-Mitgründer Bill Gates und seiner früheren Frau Melinda French Gates. Vor vier Jahren hat es 165 Millionen Dollar an die Naturschutzgruppe Nature Conservancy gegeben, die größte Spende in deren Geschichte. Derzeit ist eine weitere Spende in ähnlicher Größenordnung in Vorbereitung, wobei Dangermond noch nicht verraten will, wohin sie fließen soll.

Der Esri-Chef hält 13 Ehrendoktortitel und versteht sich ein Stück weit als Kämpfer gegen Wissenschaftsskepsis und Fake News. Er nennt seine Arbeit auch "Geojournalismus" und findet, angesichts des Klimawandels werde sie immer dringlicher. Ihn beunruhigt die wissenschaftsfeindliche Haltung, die er in diesen Tagen oft beobachtet, auch in der amerikanischen Politik. "Das sollte jeden stören, gerade in demokratischen Gesellschaften." Was ihn tröstet, ist der Gedanke an die vielen Tausend Unternehmen und anderen Organisationen, die Wert auf Esris Expertise legen: "Die treffen ihre Entscheidungen auf Basis von Wissenschaft und echten Beweisen."

ROLAND LINDNER

Erstveröffentlichung 28.10.2021
© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv

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