CASE STUDY
Eine Smart City im Klimawandel: Echtzeitmonitoring von Pegelständen der Fließgewässer in der Stadt Leipzig
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Über die Stadt Leipzig
Leipzig ist mit über 600.000 Einwohner:innen die einwohnerreichste Stadt im Freistaat Sachsen. Mit einer über 1000 Jahre langen Geschichte ist die Stadt heute eine dynamische Wirtschafts- und Kulturmetropole in Mitteldeutschland.
Leipzig verfolgt auf dem Weg zur Smart City verschiedene Ansätze und setzt auf Labor-Quartiere, internationale Kooperationen, Forschungsprojekte, Smart City Challenges, eine starke Bürgerbeteiligung sowie den Ausbau digitaler Infrastrukturen in Zusammenarbeit mit den städtischen Unternehmen der L-Gruppe. Das Referat Digitale Stadt treibt die Transformation strategisch mit Fokus auf nachhaltige Stadtentwicklung, Energiewende und Umweltentlastung voran. Wichtige Meilensteine sind die Digitale Agenda (2023) und das Förderprojekt ‚Connected Urban Twins‘ (2021).
Das Amt für Geoinformation und Bodenordnung betreibt seit 2013 die Geodateninfrastruktur Leipzig (GDI-L) als zentrale Datendrehscheibe und entwickelt sie stetig weiter. Dabei setzt der GeodatenService Leipzig in Zusammenarbeit mit Fachämtern und der L-Gruppe innovative Anwendungsfälle um, unterstützt die Digitalisierung von Fachprozessen und schafft mit der GDI-L die Grundlage für Digitale Zwillinge in Leipzig.
Die Herausforderung
Die durch den Klimawandel bedingte Erhöhung der durchschnittlichen Lufttemperaturen steht im direkten Zusammenhang mit der Zunahme an extremen Niederschlagsereignissen. Besonders in versiegelten Stadtgebieten können solche Starkregen zu Sturzfluten führen. Durch wild abfließendes Oberflächenwasser und überschrittene Kapazitätsgrenzen der abführenden Fließgewässer werden große Schäden an Gebäuden und Infrastruktur angerichtet. Durch das kontinuierliche Monitoring von Pegelständen kann sich eine Smart City auf solche Ereignisse besser vorbereiten.
Während das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) das Monitoring der Hauptgewässer (Gewässer erster Ordnung) übernimmt, werden die Gewässer in der Unterhaltungslast der Kommunen (Gewässer zweiter Ordnung) bisher nicht überwacht. Die Stadt Leipzig (Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abt. Gewässerentwicklung, Sachgebiet Wasserwirtschaft) ist für die Unterhaltung und den Hochwasserschutz für Gewässer zweiter Ordnung innerhalb des Stadtgebietes zuständig.
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Das Pilot-Projekt
Obwohl Leipzig in einer der trockensten Regionen in Deutschland liegt, häufen sich in den letzten Jahren Überflutungsereignisse, welche auf sommerliche Starkregenereignisse oder langanhaltende, wenig intensive Niederschläge während der Wintermonate zurückzuführen sind. Da die Stadt Leipzig in Zukunft mit einer Zunahme solcher Ereignisse rechnet, möchte sie die Gewässer zweiter Ordnung im Hinblick auf einen verbesserten Hochwasserschutz überwachen.
Um dieser aufwendigen Aufgabe gerecht zu werden, wurde im Sommer 2024 zunächst ein Pilot-Projekt durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer, das Amt für Geoinformation und Bodenordnung, das Referat Digitale Stadt und die Leipziger Stadtwerke gestartet.
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Die Umsetzung des Pilot-Projekts umfasst folgende Aufgaben bzw. Herausforderungen:
- Monitoring des Wasserstands an Gewässern zweiter Ordnung in Echtzeit durch das Fachpersonal der Stadt
- Auswahl der geeigneten Messstandorte und Messverfahren sowie reibungslose Datenübertragung.
- In diesem Zusammenhang: Einsatz von kostengünstigeren und effizienten IoT-Sensoren anstatt von teuren und aufwendigen Bauwerken für die Überwachung
- Kurzfristige Prognosen hinsichtlich Überflutungen über (Echtzeit-)Niederschlagsdaten und die Dynamik der Wasserstände an Fließgewässern, um Reaktionszeit für die Vorbereitung auf Auswirkungen von Niederschlagsereignissen zu gewinnen
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Die Lösung
Die Stadt Leipzig hat sich in der Pilot-Phase für die IoT-Technologie als eine effiziente und umweltschonende Methodik zur Pegelmessung an kleinen Fließgewässern entschieden. In diesem Zuge wurden in Zusammenarbeit mit den Leipziger Stadtwerken insgesamt 24 Gewässerstandorte mit LoRaWAN-Sensoren ausgestattet, die durch das Connected Urban Twins (CUT)-Projekt finanziert wurden.
- An jedem Standort kommt eine Sensoreinheit zum Einsatz, welche über zwei unterschiedliche Messmethoden (Radar und Laser/visuell) den Abstand zur Gewässeroberfläche misst. Darüber hinaus wurde an einem Standort noch eine weitere Sensoreinheit verbaut, welche Ultraschallwellen als Messmethode verwendet.
- Alle Sensoren senden bei einem normalen Pegelstand einmal pro Stunde ihre Messungen an einen MQTT-Broker, der als Schnittstelle für die Datenweiterleitung dient. Bei steigenden Pegelständen werden die Daten automatisch häufiger gesendet.
- Mit dem ArcGIS GeoEvent Server werden die Daten vom MQTT-Broker sofort empfangen und als Events weiterverarbeitet. Die Ergebnisse werden in dem mitgelieferten Big Data Store als Zeitreihen für die Darstellung in Dashboards auf Basis der ArcGIS Technologie sowie in den FROST-Server für die standardisierte Datenbereitstellung per OGC SensorThings API gespeichert.
Im interaktiven Monitoring-Dashboard werden Wasserstand-Kennwerte für die jeweiligen Stationen, sowie alle anderen relevanten Daten visualisiert. Das Dashboard wird von mehreren Ämtern und Sachgebieten intern aktiv genutzt.
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Esri Technologie im Einsatz
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Die Erfolge
Durch die Kombination aus modernster Technologie, effizienter Datenverarbeitung und einem proaktiven Umgang mit dem Hochwasserschutz positioniert sich die Stadt Leipzig als Vorreiter im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels. Die Nutzung von moderner ArcGIS Technologie im Zusammenspiel mit IoT-Sensorik, wie sie in diesem Pilot-Projekt zum Einsatz kommt, bietet eine Reihe von Vorteilen, die sowohl für die Stadtentwicklung als auch für den Hochwasserschutz von großer Bedeutung sind.
Das Echtzeitmonitoring der Pegelstände und eine perspektivische, unmittelbare Berechnung des Durchflusses in Echtzeit ermöglichen es, die Folgen von extremen Niederschlagsereignissen nicht nur frühzeitig zu erkennen, sondern deren Ausmaß auch besser einzuschätzen. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse und vor allem die kürzere Reaktionszeit ist entscheidend, um Maßnahmen zum Hochwasserschutz effizienter einzuleiten, die Bevölkerung zu informieren und potenziellen Schäden ggf. vorzubeugen.
Die kontinuierliche Datenerfassung, Speicherung und Analyse ermöglicht es der Stadt Leipzig, die Auswirkungen von Niederschlägen besser zu verstehen und gezielte Strategien zur Risikominderung zu entwickeln. Außerdem werden die gespeicherten Daten für die Verifizierung von hydrologischen Modellen genutzt.
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Zukunftsvision
Perspektivisch soll im Echtzeitanalyse-Workflow der Durchfluss an ausgewählten Standorten geschätzt werden. Dabei handelt es sich um eine standortspezifische Beziehung zwischen Wasserstand und Durchfluss, welche auf einem definierten Durchflussprofil basiert.
Nach einer mehrjährigen Datenerfassung kann in Zukunft eine Bestimmung hydrologischer Hauptwerte pro Standort in den Kategorien Niedrigwasser-, Mittelwasser und Hochwasser vorgenommen werden.
Nach dem Abschluss der Pilot-Phase besteht die Möglichkeit, diese Informationen der breiten Öffentlichkeit über die OGC SensorThings API sowie in Form von Informationsplattformen oder interaktiven Dashboards zugänglich zu machen.
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Insgesamt bringt das Pilot-Projekt sowohl einen großen technischen als auch fachlichen Wissenszugewinn für die Stadt Leipzig. Die überschaubaren Ressourcen und Kosten machen deutlich, dass solche relevanten Projekte auch auf der Kommunal- und Gemeindeebene sehr erfolgreich durchgeführt werden können. Durch die gesammelten Erfahrungen ist die Stadt für künftige Projekte und Ausschreibungen dieser Art bestens gewappnet.
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Kundenstimme
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"Das Dashboard unterstützt das Echtzeitmonitoring der Pegelstände sehr anschaulich und nutzerfreundlich. Dadurch wird uns die Möglichkeit gegeben, auf kurzzeitige Änderungen im Abflussverhalten schnell zu reagieren."
Johannes Brenner
Wissenschaftlich-Technischer Sachbearbeiter, Stadt Leipzig
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Zusammenfassung
Um die Gewässer auf dem Stadtgebiet zu überwachen und sich auf extreme Niederschlagsereignisse vorzubereiten, hat die Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit den Leipziger Stadtwerken ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, welches das Monitoring von Gewässern zweiter Ordnung mithilfe moderner IoT-Technologie zum Ziel hat.
Zu den Hauptzielen des Projekts gehören das kontinuierliche Echtzeit-Monitoring der Pegelwerte, die frühzeitige Warnung bei Hochwassergefahr sowie die langfristige Speicherung und Weiterverwendung dieser Daten. Im Rahmen des Projekts wurden 24 Gewässerstandorte im Stadtgebiet mit LoRaWAN-Sensoren ausgestattet, die kontinuierlich Messwerte senden und mit ArcGIS Technologie erfasst, weiterverarbeitet und für das verantwortliche Personal in einem interaktiven Dashboard visualisiert werden.
Der Ausbau der IoT-Komponente stellt eine bedeutende Entwicklung hin zu einer urbanen Datenplattform und digitalen Zwillingen dar. Durch diesen innovativen Ansatz positioniert sich Leipzig als Vorreiter im Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels im Bereich des Gewässermonitorings und des Hochwasserschutzes.
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Kontakt
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Stadt Leipzig
Amt für Geoinformation und Bodenordnung
GeodatenService
Burgplatz 1
04109 Leipzig
geoinformation@leipzig.de
www.leipzig.de
Fachliche Ansprechperson:
Johannes Brenner
Wissenschaftlich-Technischer Sachbearbeiter
Stadt Leipzig, Amt für Stadtgrün und Gewässer
Abteilung Gewässerentwicklung, Sachgebiet Wasserwirtschaft
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